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  • AutorenbildHenni Jesch

Rio 2016


Olympia hat eigene Gesetze. Immer schon. Und es ist wirklich immer wieder so.

Da hat man auf einmal das Gefühl die Weltordnung in einem Sport wird neu aufgestellt. Das heißt nicht, dass hier nur neue Leute auftauchen. Erfahrungsgemäß lassen die Erfahrenen nix anbrennen – nicht nur im Dressurreiten. Usain Bolt kann auch noch immer schnell laufen und Michael Phelps sauft immer noch nicht ab. Aber dann gibt´s doch auf einmal in jedem Sport Neuankömmlinge, die es wagen und auch können, die Großen herauszufordern. Wahrscheinlich würd sich jeder von denen im Grunde vor Ehrfurcht am Bauch werfen, wenn er seinem Idol gegenübertritt – einer Legende wie Bolt oder Phelps. Aber dazu ist im Finale dann keine Zeit. Wenn ich mir vorstelle ich müßt gegen die Rennen oder Schwimmen… aber nichtmal meine fast grenzenlose Phantasie läßt mich das ausmalen – haha – ich könnt nichtmal so schnell ‚“pfiat di“ sagen, wie die am anderen End´ sind!


Wahrscheinlich ging´s da einigen Dressurreitern – den Jungen (und das ist ein relativer Begriff beim Reiten!) – genauso. Der Vorteil ist beim Reiten ja diesbezüglich, daß man immer alleine im Bewerb ist. Man sieht ja nicht unmittelbar, den Bolt von hinten. Was irgendwie zermürbend ist – und würde man ihn nicht von hinten sehen… Wäre es einfach….frech! Also kann man jetzt praktischerweise in der Dressur einfach so seinen Stiefel zsamreiten, wie man das zuhause auch tun würde. Das Viereck ist überall gleich groß und die Buchstaben stehen immer an der gleichen Stelle. So hat das Charlotte am Anfang ihrer Karriere mal gesagt.


Drei junge Reiter sind mir besonders aufgefallen: Laura Graves mit Verdades. Severo Jurado mit Lorenzo und Catherine Dufour mit Cassidy. Die haben das doch alle weitgehend selbst gemacht. Also da kommt was nach im Dressursport! Sönke gehört da natürlich auch dazu – nur…. Das ist so eine steril konstruierte Karriere, dass man ihm erstmal nicht ganz die Leidenschaft abnimmt – was aber nicht im Geringsten zutreffen muß. Aber…Wir mögen doch diese Geschichten von den hart arbeitenden, leidenschaftlichen Dressurtalenten, die alle Hindernisse überwinden um irgendwann einmal unter den 5 Ringen zu dressieren. Jaja… die mögen wir. Laura hat ihren Verdades als Fohlen gekauft, sie war Friseurin und mußte sich für die Weltreiterspiele in der Normandie noch einen Kredit aufnehmen. Jetzt ist sie die Nummer vier der Welt! Und ganz ehrlich …Ich hätte sie vorm Desperados gesehen. Da war nix falsch! Und diese Ausdrucksstärke in Passage und Piaffe und dann noch diese Einser- und Zweierwechsel, die direkt ineinander übergehen… Das muß mal einer in so einer Mühelosigkeit reiten. Aber ihre Zeit wird kommen….


An der Reiterei vom „Tschisas“ konnt ich mich in Ermelo schon nicht satt sehen. Das ist irgendwie alles so richtig. Dabei hat der jetzt echt nicht das klassische Dressurreitergstell – Marke langhaxige Gazelle - neinnein. Aber so derartig losgelassen wie Lorenzo bewegt sich selten ein Pferd. Jeder noch so schwierige Übergang, jeder faszinierende starke Trab, jede Piaffe – alles war da losgelassen. Das ist schon große Klasse. Und Lorenzo ist erst neun! Also in Göteburg nächstes Jahr reitet der um den Europameistertitel… Da wird er allerdings wieder mal an Doro und Isabell vorbei müssen – wie üblich. Und wahrscheinlich wird das nicht so einfach sein.


War Charlotte jetzt dieses Mal Herausforderer oder Champion? Also den Fakten nach, war sie als regierender Olympiasieger und als ungeschlagener Reiter der letzten 4 Jahre – wohl eindeutig der Champion. Wenn man aber den deutschen Moderatoren so zugehört hat – war sie allerhöchstens das Lehrmädel. Und ich glaub, die Rolle paßt ihr auch und sie sieht das auch selber so. Neben Dorothee und Isabell schaut man ja auch schnell mal wie ein Lehrmädel aus. Wobei Isabell Werth ja sowieso über alle Bezeichnungen und Zweifel erhaben ist und auch über alle Beweisführungen. Dass sie reiten kann und aus jedem Pferd das Bestmögliche macht – ist schon lange Tatsache. Da dient das Reiten wirklich nur mehr dem Vergnügen und deswegen isses wahrscheinlich so unglaublich gut! Tatsächlich ist Charlotte ja das Lehrmädel vom Carl. Und der scheint sich mit all dem Getue nicht aufhalten zu können – schließlich gehört das hier alles gscheit gemacht! Alle Bedingungen müssen optimiert sein, damit jeder sein Bestmögliches geben kann – Reiter und Pferd. Und dann paßt das auch! Jawohja! Es hat ja auch gepaßt!


Und das freut uns doch schon alle sehr…. Dass das sympathische englische Mädel und ihr dicker Fuchs – für mich ist der Fuchs!!! – hier nochmal die allerbesten von der ganzen Welt sind. Wobei kein Zweifel besteht, dass die beste aller Dressurreiterinnen und -reiter Isabell Werth ist. Aber da ist eben noch dieser dicke Fuchs, der einfach eine Einheit mit seiner Reiterin bildet, wie sonst keiner … und der Carl… der die Chance seines Lebens gegen das Pferd seines Lebens getauscht hat (und diese Zeile kann ich nicht oft genug zitieren!). Und die drei zusammen haben jetzt dreimal Olympia Gold und einmal Silber geholt.


Wie kann man unter dem Druck den Charlotte hatte, so ein Ergebnis abliefern? Seit 4 Jahren wird von Olympiagold in Rio geredet. Seit 4 Jahren sind sie ungeschlagen. Und seit einem Jahr war alles nur darauf ausgerichtet in Rio wieder Olympiasieger zu werden. Dann war der Grand Prix auch der gewohnte Sieg. Und auf einmal im Special unterlaufen Charlotte zwei blöde Fehler, teure Fehler. Natürlich hat dann auch noch Weihegold eine Sternstunde und die unglaubliche Isabell Werth zieht an Valegro vorbei. Und dann im Einzelfinale so eine perfekte Vorstellung abzuliefern – wenn einem noch Isabell Werth im Genick sitzt? Wie geht das nur?


Aber wie wir alle gesehen haben, geht das! Weil den guten vom genialen Sportler unterscheidet, was im Kopf vorgeht. Ich kann gut verstehen, dass man sich in Tränen auflöst, wenn dieser Felsblock von den Schultern fällt – weil man im entscheidenden Moment alles richtig gemacht hat. Alle Erwartungen und Hoffnungen erfüllt, alle Zweifel widerlegt, alle Skeptiker und Pessimisten bekehrt hat. Was muss das für ein Gefühl sein…




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