Zwischendurch geht’s pferdemässig mal um ganz Anderes als einfache Wechsel und halbe Paraden.
Tragischerweise hat das Hochwasser ja auch viele Pferdehöfe betroffen.
Wenn mich amSonntag um 8 Uhr früh, nach heftigsten Regenfällen und Unwetterwarnungen, der Reitstall in Weitwörth anruft, dann spring ich schon vom Bett aus in dieGummistiefel und häng den Hänger an. Dann isses dringend!
Wenn dieFeuerwehr die Evakuierung empfiehlt, dann hat man 2 bis 3 Stunden bis das Wasser kommt. Das ist nicht viel, um 20 Pferde zu verladen und Übergangsquartiere zu suchen.
Vor ein paarJahren hatten wir das schon mal. Da ist das Wasser dann aber nicht über den kritischen Punkt geschwappt und blieb netterweise vor dem Stall stehen. Dannhaben sich wohl manche Helfer gedacht, daß es eh nicht so dringend war. Dieses Mal war es dringend!
Ich hab meinen Hänger in Wies geholt und wäre fast nicht nach Weitwörth vorgedrungen, weil soviele Strassen unter Wasser standen. Auch mitten am Berg oben, wo man sich eigentlichnichts gedacht hätte. Wie soll denn bitte ein Berg unter Wasser stehen? Aberes rann einfach die gesamte Wiese und deren Inhalt über die Straße. Ich mußtmehrfach umdrehen, weil es kein weitkommen gab. Wer Hänger fährt weiß, daß esnicht immer so leicht ist, mit Hänger auf einspurigen Straßen umzudrehen ohne ein Unglück zu nehmen.
Am Kreisverkehrin Weitwörth gingen schon mehrere Pferde mit Helfern zu Fuß und warteten auf Mitfahrgelegenheiten. Sicher 7 Pferdanhänger kamen und fuhren wieder. Es ist dann doch beeindruckend, wieviele Pferdeleute, die ein Zugfahrzeug und einen Hänger haben, dann doch augenblicklich Losfahren um zu helfen, auch wenn es sie eigentlich gar nicht persönlich angeht. Aber wenn man um Hilfe gebeten wird –und man kann welche leisten – dann tut man das wohl auch!
Also sind wir alle mit unseren Hängern auf´s Wasser zugefahren, statt weg. Natürlich herrscht ein gewisses Chaos, wenn 7 Hänger versuchen einen Pferdehof anzufahren, dort zuwenden, Pferde einzuladen und wieder wegzufahren. Da müßte eine geistige Oberleitung einweisen. Aber irgendwie hat dazu grad keiner Zeit. Wir haben uns alle arrangiert. Das Wasser stand schon im Hof, aber noch nicht im Stall. Viele Pferde waren schon am Weg ins trockene Quartier. Übrig blieben meist die, derenBesitzer grad nicht erreichbar war und von denen man auch nicht weiß, ob sie jemals einsteigen. Und das ist dann das eigentliche Problem. Das ist ein Stall mit großteils Freizeitpferden, die nicht jedes Wochenende auf´s Turnier fahren und die auch nicht vorhaben überhaupt irgendwohin zu fahren.
Ich hab zwei ältere Pferde ausgefaßt – zumindest das Orange war älter und ein bißchen zotteliger. Die sollte ich dorthin bringen, wo sie eigentlich einen Stall haben, wenn die Besitzer nicht grad auf Urlaub und nicht erreichbar sind. Die Urlaubstbetreuung hatte sich der Pferde angenommen und mir gleich gesagt, daß sie eigentlich noch nie ein Pferd verladen hat. Ob denn das Pferd schon verladen worden sei? Keine Ahnung, es ist nicht ihr Pferd….. naja, dann schauma mal, dann seh ma´s eh!
Da das Orange wesentlich weniger zickig aussah als das Braune, versuchten wir mal das in den roten Hänger zu rangieren. Es wollte nicht! Es ging seelenruhig auf die Rampe, beschloß dann aber doch die Blumen am Wegrand – die grade noch aus dem Wasser ragten – zu fressen. Also es war sehr aufgeregt! Wir konnten es dann dazu bewegen, den Kopf in den Hänger zu stecken, dann raste es aber rückwärts wieder raus. Na bravo. Wie erklärt man einem zotteligen Orangen, daß einsteigen weniger schlimm ist als absaufen?
Das Braune fand die Gschicht mitm Wasser rechts und links UND oben und unten ganz doof. Es wollte das grundsätzlich so alles nicht! Es wollte auch keine Wasserblumen essen, es war einfach mit der Gesamtsituation unzufrieden! Aber ohne Oranges wäre es noch wesentlich unzufriedener gewesen. Einsteigen würde es noch weniger als das Orange, es wurde dabei auch noch wehrhaft.
Ok. Man mußtewohl das Braune irgendwie ruhigstellen und das Orange mit List und Tücke verfrachten. Eine lange Diskussion über philosophische Betrachtungen des Verbringens von Huftieren mittels Hängerbetrieb wollte ich in Anbetracht der nahenden Wassermassen nicht führen. Weder mit Orange noch mit Braun! Ich entschloß mich zur Verwendung eines Regenschirms als interdisziplinäres Kommunikationsmittel. Ich Pferdeschinder hab einfach entschlossen mit demRegenschirm angedeutet, daß ich wünsche, daß der Hänger jetzt betreten wird! SOFORT! Das Orange hat mehrmals mein Ansinnen hinterfragt, die Entschlossenheit hinter der Handlungsanweisung erkannt und stieg dann relativ kompromißbereit ein. Das Braune wollte dann auch sehr gerne mitfahren. Regenschirm und Wasser von hinten, Heu und trockene Bleibe voran – die Entscheidung wurde rasch getroffen.
Wir brachten diebeiden in ihre Unterkunft am Wohnhaus der Besitzer, die eigentlich eh eine 4Stern Wellnessoase ist und den beiden Vierbeinern auch bekannt war. Sie waren also gar nicht arm.
Ich fuhr dann wieder zurück zum Stall nach Weitwörth …… wo man bereits ein Schlauchboot gebraucht hätte, um zum Stall zu kommen. Es war keine Minute zu früh gewesen. Die letzten beiden Pferde, die nicht einsteigen wollten waren zu Fuß unterwegs Richtung höher gelegener Ort und wollten dort wo eine trockene Bleibe suchen. Geregnet hat´s die ganze Zeit, was ging. Alles war naß, auch Isländer Nör (nein,der ist nicht von Ikea!). Deswegen steigt das Islandpferd aber noch lang nicht in so einen Hänger. Möglicherweise wäre Nör sogar eingestiegen – wenn man das Frauli vorher sediert hätte. Aber das weiß man eben nicht so genau. Der Isländer hat unter dem Dauerregen sicher auch nur mässig gelitten. Wegen dem bißchen Wasser von oben und ein bißchen Pfütze unten hätte doch in Island auch keiner ein Theater gemacht! Man stellt sich halt einfach wo hin, wo weniger Wasser von unten kommt, das von oben regelt eh der Pelz. Isländer Nör bekam einen Vorplatz mit einem Dachvorsprung zum Unterstellen, eine Regendecke (wozu das denn?) und Heu (das war super!). Ich bin mir sicher, er hätte 24 Stunden Regen ganz „isi“ überlebt!
Der Stall steht komplett unter Wasser und die Helfer realisierten wohl jetzt erst, daß es bei ihnen zu Hause möglicherweise auch kritisch werden könnte…. In Oberndorf, Laufen, Freilassing, Salzburg.
Naja, das Braune und das Orange sind im eigenen 4 Sternhotel, Nör unterm Dachvorsprung… aber alle machen irgendwann mal Verladetraining. Aber es war gut wenigstens ein bißchen helfen zu können!
.... und irgendwann scheint am Ponyhof auch sicher wieder die Sonne - also dieses große helle Ding am Himmel!
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