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Also, das mit dem Übungsleiter, das war heuer so…


Ich muss hier vorausschicken, dass es schon lange Diskussionen gab, über die Qualität der Übungsleiterausbildung und auch die Anforderungen, die an die zukünftigen Reitlehrer gestellt werden.

Was ich jetzt noch vorausschicken muss, ist der Anschein, der mich schon des längeren verfolgt, dass wir ein Nachwuchsproblem im Reitsport haben oder bekommen. In den lizenzfreien Bewerben sind längst nicht mehr 30 Starter, sondern nur 11. Bei der Übungsleiter Aufnahmeprüfung waren heuer – ich glaube -13, davon waren 7 vom Winklhof. Ich kann mich an Jahre erinnern, da waren es 30. Ich möchte das gar nicht beurteilen, ob das gut oder schlecht ist… nur wenig ist es. Die Auswahl ist überschaubar. Und das Interesse am Reitunterricht geben offensichtlich auch. Ich kann aus meiner – phasenweise leidvollen – Erfahrung berichten: Lehren ist ganz was Anderes als Reiten! Und das muss dich freuen. Es muss dich interessieren, ob der hilflose Gegenüber irgendwas kapiert und im Rahmen seiner Möglichkeiten zu einer Verbesserung findet. Und manchmal sind die Möglichkeiten zur Verbesserung halt sehr überschaubar und ein anderes Mal macht es unheimlich viel Spaß, weil ein Genie einfach alles kann. Aber es muss dich freuen und interessieren, die Fehler im System zu finden, es in eine Strategie umzuwandeln und dann noch die Worte zu finden, mit denen genau derjenige, der gerade lernen möchte, es versteht und am Ende auch noch mit seinen individuellen Möglichkeiten umsetzen kann. Woraufhin du den Erfolg des Gelehrten verifizieren musst und weitere Maßnahmen zur Erhaltung oder Neuausrichtung finden musst! Ein komplizierter Prozeß wie ich meine! Sehr komplex! Und das muss einer, der unterrichten soll, mögen!

Reiten ist ganz was Anderes. Da muss man mit seinem eigenen Körper das ausführen, was die Aktion oder Reaktion des Pferdes gerade erfordert. Man muss blitzschnell entscheiden, die richtigen Entscheidungen treffen. Und dann muss man vor allem in der Lage sein, es mit dem eigenen Körper, der Kraft, Kondition, Koordination, Flexibilität und Stabilität sowie affenartiger Geschwindigkeit im richtigen Moment und Maße ausführen. Ich glaube, dass ein Bewegungstalent und somit auch ein Reitsporttalent – es sind immer die Bewegungstalente, die alles können – einen Sprung anreiten kann, bei dem es ihn nicht auf die Pappn haut, ohne jemals die Richtlinien für Reiten und Fahren gelesen zu haben. Mit gutem Konzept eine Unterrichtsstunde mit Kindern und Erwachsenen zu führen, bei der am Ende jeder das Gefühl hat, er möchte wieder reiten – kann das Bewegungstalent nicht, ohne die Reitlehre zu kennen und sich auch was zu überlegen.

Hmmmmm

Bei der Übungleiterprüfung letzte Woche hat der erfahrene und sehr versierte Prüfer mit sicherem Blick die 3 Bewegungstalente rausgesucht – zumindest die, mit der Fähigkeit mit mitschwingender Mittelpositur wie draufgeklebt schnurgrad am Pferd zu sitzen. Korrekt! Das waren die talentiertesten Reiter! Jawohl – kein Widerspruch. Hätt ich so am ersten Tag Winklhof – die Fachausbildung dauert 3 Jahre – voraussagen können.

Dann waren da noch 3 weitere Mädels, die ordentlich reiten, aber dieses Fähigkeit wie draufgeklebt zu sitzen nicht mitbekommen haben. Mir braucht jetzt da kein Prüfer erzählen, was jede einzelne für Sitzfehler hat, ich kenn die! Ich schau mir das seit 3 Jahren an, versuche einzuwirken, aber manche Dinge kann man nicht ändern. Auch nicht die Sportlichkeit der jungen Damen, die zwar eine Sportlehrerprüfung machen möchten, das aber ohne dabei sportlich zu sein. Auch eine Logik, die ich nicht verstehe. Ich muss auch dazu sagen, dass keine von denen zu viel geübt hat! Das haben aber die Reitsporttalente auch nicht. Üben ist irgendwie total out! „Wer übt – kann nix!“ Aber für die Talente geht’s halt auf dem Level trotzdem, weil sie einfach wie draufgeklebt sitzen, und nix Anderes war wichtig.

Von den anderen 3 Mädels würd jede eine Reitschule schupfen, wenn der Chef am Wochenende am Turnier ist. Sie würden ein Konzept haben, sich in der Reitlehre auskennen, mit Kindern und Erwachsenen so umgehen, dass die am Ende der Reitstunden das Gefühl hätten, sie hätten was gelernt und möchten wieder reiten kommen und außerdem ist die Reitlehrerin so lieb. Die Bewegungstalente wollen reiten, das können sie ja auch gut. Die fahren mit dem Chef auf´s Turnier. Das ist halt so definiert im Sport, dass die, die´s besonders gut können an Wettkämpfen teilnehmen. Die stellen sich nicht das ganze Wochenende hin und unterrichten Anfänger. Das freut die nicht.

Hmmmm…

Wie geht das jetzt in der Realität? Wenn wir nur die sportlichen Talente auswählen, die die Fähigkeit haben pfeilgrad am Pferd zu sitzen und vieles richtig zu machen… wer macht denn dann den Unterricht?

Ich möchte hier echt keine Lanze brechen für schlechtes Reiten, wirklich nicht! Ich tu mehr für gutes Reiten an der Basis als die meisten, die das hier lesen. Aber ich glaub, dass uns hier die Realität ganz einfach einholt und wir keinen Nachwuchs mehr zustande bringen, wenn wir hier so streng selektieren. Nämlich den Nachwuchs, der hinter den Bergen, bei den sieben Zwergen ein Kind auf ein Pony setzt und dafür sorgt, dass es 1. kein Unglück nimmt und 2. noch Freude dran hat und 3. Reiten lernt!

Der Prüfer sagte mir mit mahnendem Gesichtsausdruck bei einer der Prüflinge: „Die knickt in der Hüfte ein! Mit so einem schweren Sitzfehler kann ich die nicht akzeptieren! Wieso tritt die hier an?“ Aha…. Der Knick in der Hüfte wär den 7 Zwergen jetzt wurscht und dem Pony hinter den Bergen auch. Die einknickende Hüfte wäre mir jetzt ein geringeres Problem als keine Ahnung von der Reitlehre. Aber natürlich ist das ein Sitzfehler! Würd ich in der Dressurreiter A auch scharf kritisieren. Aber kann uns diese Argumentation zum Ziel führen? Auch wenn es 100x richtig ist – werden wir zuwenige Reitlehrer haben, die in ganz normalen Reitschulen Unterricht machen. Es wird dorthin führen, dass die die bereit sind sich für Unterricht hinzustellen, keine Prüfung haben und die, die eine Prüfung haben eigentlich Bereiter sind.

Hmmm…

Was ist jetzt falsch oder richtig? Ich weiß es nicht… ich glaub nur, dass uns der Nachwuchs ausgehen wird…

Es wurden 6 Leute akzeptiert, das wird eventuell keinen Kurs ergeben.

Es liegt wohl schlußendlich im Ermessen des Prüfers, dass er mit unheimlich viel Fingerspitzengefühl auf des Messer´s Schneide akzeptiert, was zum Ziel führen kann ohne reiterlich peinlich zu sein. Und das Ziel ist, dem Reitsport neue Freunde zu gewinnen – oder etwa nicht?

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