Wahnsinnig gute Pferde im Finale der 6jährigen. Aber es lernen halt nicht alle die Wechsel gleich mühelos. Und irgendwie sind dann halt auch die weiter vorne, die unkompliziert schöne Wechsel springen. Die kann man aber an einer Hand abzählen. Der Sprung von 5 auf 6 ist halt groß – der Sprung von einem Galopp zum anderen eben.
Vom Hinsehen hätte man gern Revolution als Sieger gesehen. Das ging wahrscheinlich vielen so. Es ist ein irres Pferd mit keiner Schwäche in den Grundgangarten. Nur die Wechsel, die fallen ihm noch ein bisschen schwer. Diese Galoppmechanik dann auch noch in einen fliegenden Wechsel umzusetzen, mag einfach ein paar Monate länger dauern. Ansonsten war wieder mal nichts falsch an dieser Prüfung von Andreas Helgstrand und Revolution. Und es hat so was unheimlich Leichtfüßiges, auf allen Pferden, die er reitet. Vergleichsweise wirkt der Sieger Zucchero weit nicht so mühelos. Die Qualität in allen 3 Grundgangarten ist unbestritten. Aber das Reiten von Frederic Wandres ist einfach ein bisschen weniger charmant. Und da reden wir – bei Gott – nicht von uncharmant, nur von ein bisschen weniger. Die deutschen Bereiter müssten endlich mal das Lachen lernen! Bei Andreas und Eva kommt wirklich rüber, dass ihnen ihr Job wahnsinnig Spaß macht. Und es macht ja nix, wenn einem die Berufung Spaß macht. Für uns Zuseher, die wir hier sitzen, ist doch alle der Reitsport das Höchste! Sonst würden wir nicht hierher gondeln, um uns die besten Pferde und Reiter der Welt anzusehen. Es macht nichts, wenn es denen auch noch Spaß macht! Das fließt natürlich in keine Bewertung ein, der Spaß. Aber das Publikum mag es, wenn wer Freude an seinem Revolution oder ihrer Espe hat. Wir haben dann meist auch Freude dran.
Zucchero und Frederic haben in dieser schwierigen Finalprüfung – ich find die schwierig für 6 jährige! – einfach nichts falsch gemacht. Schön ist dieser Zug nach vorne, den der Hengst immer vermittelt. Der will auf jeder Diagonale alles geben, das sieht man. Piaffe braucht man ihm auch nimmer erklären, das hat er während der ganzen Siegerehrung gemacht. Die Siegerehrung war vergleichsweise unspektakulär.
Auf dem 3. Platz war wieder Andreas mit dem zweiten Pferd, das dieses Mal praktischerweise ein Wallach war, Zhaplin Langholt. Revolution ist vielleicht auch einfach relaxter als Jovian. Aber es macht auch nichts, dass man den Zirkus von gestern Abend heute nicht nochmal wiederholen musste. Zhaplin fand es relativ cool, im X rumzuhängen und sich von den Züchtern die Nase kraulen zu lassen. Revolution braucht eigentlich kein Bodenpersonal, der hat das mit dem Ehren schon ab und zu mal gemacht. Also eigentlich eh jedes Jahr in Ermelo. Das wird wohl so wie mit Caprimond und dem Trakehner Galaabend: Nase raus beim Klosterhof LKW: „Aha, Neumünster! 4 Runden Passage zu Händels Hallelujah zwecks Schnecken checken!“
Zhaplin hat den Richtern wahre Begeisterungsstürme entlockt. Es war auch toll. Der ist riesig, lackschwarz – sowas von lackschwarz – und hat wieder genau dieses Bewegungsmechanik die alle Wolken vom Himmel holt. Er war nicht ganz so konsequent geradegerichtet auf den Volten und ein paar so Kleinigkeiten gab es meiner Meinung nach. Aber von der Grundqualität natürlich eines der 3 besten Pferde.
Wen man auch noch positiv erwähnen muss, ist Helen Langehanenberg und Straight Horse Assencione. Sie waren erste Starter in der früh und Helen hat mal gezeigt, wie man DPM reitet. Ein Lehrbeispiel. Die beiden zusammen sind ein tolles Paar. Die Stute wurde auch in jedem Bewerb besser. Gut, dass sie dreimal gehen durfte. Am ersten Tag ist die so „normal“ galoppiert. Das konnte man im Laufe der WM beheben. Jetzt galoppiert sie für einen 5. Platz im Finale.
Auch auf dem 5. Platz war Imposantos. Der holländische Liebling. Ein toller – eben imposanter – schwarzer Hengst mit unheimlich kadenzierter Trabbewegung. Hat auch keine Schwächen, sonst wäre er hier ja nicht 5. im Finale.
4. war Destacado. Den fand ich in der Trabtour ein bisschen hoch bewertet, das war nämlich etwas langweilig im Vergleich zu den anderen. Man kann sich da schon ein bisserl mehr bemühen, um im Finale in Ermelo was zu gewinnen. Der Schritt ist 10, da beißt die Maus keinen Faden ab! Mir kam vor, dass der in der Qualifikation im versammelten Schritt getapst hat? Das mit dem Tapsen macht glaub ich nur was aus, wenn ein spanisches Pferd tapst, bei deutschen ist das „Versammlung“.
Womit man im Finale durchaus ins Gericht ging, war, wenn die Pferde – auf österreichisch – „zu sehr auf da Pratzn ghängt san“. Eh ok. Wobei gleichmäßig draufhängen ja auch ein harmonisches Bild erzeugt. Das war in der Quali in allen Bewerben zu sehen: nur vorn halten und hinten Stoff geben, führt zu keinem Glück. Ist bloß eine antiquierte, aber durchaus komote Herangehensweise. Halbe Paraden sind „in“. Ich glaube, dass großteils vieles sehr in Ordnung ist, im Dressursport. Von der Ostwind Fraktion hat es hier wohl keinen hergetrieben. Eh gut, aber wie wissen die dann, dass jeder alles falsch macht?
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