Also das war im Grunde so…..
Wir fahren ja seit 1994 auf jedes Championat in Europa.
Das Turnier in Aachen ist aber schon etwas Besonderes – das „TSCHIO“ – für Nicht-Hochdeutschsprechende Österreicher. Das TSCHIO war aber heuer kein CHIO, weil es ja eine Euro war.
Was an Aachen alles so besonders ist, kann man jetzt gar nicht so einfach aufzählen…. Für Nichtreiter zählt vielleicht der Fakt, daß der Shuttelservice auf´s Turniergelände mit Maybach fährt?!
Die Plätze auf der Mercedes Benz Tribüne – das ist die von der aus man viel besser sieht als von unserer Seite aus (Aachen Münchener) – werden grundsätzlich über Generationen vererbt. Man kann da also auch nicht einfach alle Sitzplätze kaufen für´s TSCHIO. Deswegen ist das Publikum auch so bunt – und zahlreich. Die sind jetzt nicht alle vom Fach – vom Reitsportfach – nur das TSCHIO das kennen alle Aachener. Da geht man einfach hin. Und das lebt auch die ganze Stadt. Vom Busfahrer bis zur Klofrau sind alle freundlich und bemüht, die Pferdefans zum Weltfest des Pferdesports – dem TSCHIO eben – zu bringen bzw perfekt zu servicieren. Parkplatz, Essen in jeder Geschmacksrichtung, Bars, Shops, einfach alles kann das TSCHIO wie kein anderes Turnier auf der Welt. Aber es kann dann schon vorkommen, daß am Alpenspan Stand ein Aachener grübelnd stehen bleibt und dann fassungslos fragt: „Was macht man denn damit??“
Dabei war´s ja gar nicht das TSCHIO, weils ja eine Euro war.
Also und das mit der Euro war ja so…. daß es irgendwie insgesamt – vom Reiten und von der Rangierung dann fast a Durcheinander war! Da waren nur 13 Reiter in der Kür. Wo sich doch alle aus zwei Tagen Grand Prix zu gern dafür qualifiziert hätten.
Also zerst war mal das Totilas Drama im Grand Prix. Von meinem – nicht sehr übersichtlichem Platz aus - hätte ich das Drama jetzt nicht so übertrieben gesehen. Er war ungleich in der Trabverstärkung und in manch anderen Lektionen auch. Es hats aber schon ab und an mal gegeben, daß einer in der Passage nicht gleichmässig tritt. In der Vergrößerung in Fernsehen sahs natürlich schon heftiger aus, als von uns aus im Stadion. Aber daß hier ein stocklahmes Pferd rumlief, so war´s dann auch nicht.
Was schon war….. es war ein fades, braves schwarzes Pferd. Brav war´s ja wirklich! Rückblickend betrachtet muß man natürlich sagen, daß 75,9% und 6. der Europameisterschaft immer noch wahnsinnig viel ist – wenn man bedenkt, daß er nicht fit war. Hier muß man einmal mehr der Leistungsbereitschaft dieses Hengstes Respekt zollen – mögen seine Fohlen diese auch haben. Dann können sich eine Menge Reiter glücklich schätzen. Wir werden es erfahren…. Denn dieses Kapitel ist ganz sicher nicht zu Ende – das fängt jetzt grad erst wirklich an…
Es waren so viele so tolle, außergewöhnlich gute Ritte!
Aber es gelang nur wenigen fehlerfrei zu bleiben – was ja ein wesentlicher Teil der an einen Dressurreiter gestellten Aufgabe wäre.
Makellos war der Ritt von Carl Hester und Nip Tuck. Da mag man jetzt sagen: Natürlich war der Carli wieder makellos! Dieser Nip Tuck wär ja nicht die erste Wahl der anderen Reiter für ein Grand Prix Pferd. Ich könnt mir vorstellen, daß manche Leut ein bißchen den Kopf geschüttelt haben wie Carl Hester den als Teampferd bringen wollte. Er ist nicht gerade mit Schwungentwicklungspotential überausgestattet. Irgendwer schrieb: Der wäre auf dem Bundeschampionat ausgebuht worden. Naja…. Carl´s Barney war 10. Im Grand Prix und 5. (!!!) in der Kür. Tja… wer kann, der kann!
Achja, und was wirklich besonders ist an Aachen…. Ist die Tatsache, daß Isabell Werth wie der Phönix aus der Asche mit dem Reservepferd wieder mal bis ganz nach vorne reitet. Wie macht die das??? Don Johnson war schöner denn je, überhaupt nicht eckig, engagiert und konzentriert und auch nicht aufmüpfig. Nicht im Viereck! Da war er in der Kür mit einer einfach völlig fehlerfreien Darbietung 4. (!!!). Wie kann diese Isabell Werth wieder, dann wenn´s drauf ankommt, einfach alles – und noch viel mehr – mobilisieren und dieses etwas subversive Element auf Platz vier pilotieren – hauchdünn an der Bronzemedaillie vorbei? Und am Abreitplatz wollte er duchaus in jeder Runde einmal diskutieren, ob er jetzt da im Kreis herumlaufen muß – mit engagierten Hinterbein – oder ob man das einfach auslässt und die Ausübung des Reitsports vielleicht doch auf ein andermal verschiebt? Nein. Er lief rundum – man konnte sich darauf einigen, daß man es jetzt so macht wie Isabell sich das vorstellt und kreative Varianten vertagt. Tja….. wer kann, der kann!
Achja…. Und ein ganz eigenes Perfektionslevel war der Grand Prix von Edward und Fritzi. Der war einfach unglaublich gut! Gänsehautfeeling von Anfang bis zum Ende! 10 er für Piaffen, Passagen, Übergänge und Pirouetten. Es war einfach toll!!!
Und alle vom-Boden-aus-mit-dem-Strick-dreher nehmen jetzt ihr Knotenhalfter und gehen spielen!
Die Diskussion um Fotos, die im Facebook auftauchen ist eine Frechheit ! Vor allem wird da Weisheit verbreitet – und geteilt – von Leuten, die ganz sicher noch nie Edward live reiten gesehen haben. Und ich weiß von einigen, daß sie ihn ganz sicher noch nicht gesehen haben! Weil sie noch nie auf einem großen Turnier am Abreitplatz waren und den großen Reitern zugesehen haben.
Sie haben also keine Ahnung von seinem Sitz, der eine Einwirkung ermöglicht, die nicht vielen Reitern möglich ist. Ein Spannungsbogen, der mit unmerklichsten Hilfen das bestmögliche aus einem Pferd herausholen kann. WEIL er so perfekt sitzt und einwirkt – wie ihr Euch das gar nie vorstellen könnt!!!!
Natürlich ist es bei den besten Reitern der Welt nicht „in“ die Pferde hinterm Schenkel und überm Zügel zu haben. Wie soll das denn auch gehen?
Mir kommt das so vor, als würde man hier Marcel Hirscher von der Couch aus erklären, wie er besser den Berg runter fährt – weil schließlich kennt er sich ja ned aus. Und schuld ist schlußendlich die Uhr, weil die den Falschen schnell anzeigt. Es gibt auch bestimmt irgendwo einen Wamperten auf der Couch, der dem Gregor Schlierenzauer genau sagen könnt, daß er völlig falsch in Innsbruck auf den Friedhof zufliegt – weil das gehört auch ganz anders. Es ist nur zufällig weit, weil das Metermass sich nicht auskennt!
Dem Wamperten ist allerdings klar, dass er mausetot wäre, wenn er das auf der Sprungschanze demonstrieren würd… deswegen schreibt er es gar nicht auf Facebook.
Eddi´s Grand Prix war unglaublich – und es war der einzige Ritt, der einem die Gänsehaut über den Rücken gejagt hat. Und wer hätte geglaubt, daß Fritzi an Valegro rankommt?
Ich erinnere mich wehmütig an die Ritte mit Moorland´s Totilas…… die man mit Tränen in den Augen verfolgt hat (und das ging nicht nur mir so!) – weil´s einfach sooooo schön war. Ach…..
Tja….. wer kann, der kann!
Im Special war der Fritzi ja so heiß, dass man vom ersten Tritt Angst hatte, daß er abhebt wie ein Hubschrauber. Ich hätt da nicht oben sitzen wollen! Eddi war auch nicht ganz happy da drauf. Aber so ist das! Wer schon mal auf einem Turnier war – wenn er nicht grad mit dem Knotenhalfter spielt – der weiß, daß manchmal kein Rundumkommen ist, mit unseren allerbesten Sportpartnern. Aber manchmal geht´s einfach nicht. Aber was tut man dann im vollbesetzten Stadion von Aachen? Auch ein Edward muß dann mal gute Miene zum Bösen Spiel machen und auch ein Fritzi muß dann irgendwie da weiterlaufen. Und weil alles schon so verkorkst war, hat er sich eben noch in die Zunge gebissen und das war dann irgendwie eh fast gscheiter, daß das an dem Tag nicht fortgeführt werden mußte. Weil der Fritzi halt auch nur ein Pferd ist – ein heißes – sonst wär er nicht der Champion der er ist! Aber ich hätte zu gern die Kür gesehen – wahrscheinlich wäre sie toll gewesen! C U in Salzburg?!
Genausoviel Glock Perfection (Pferdection?) boten Hans Peter Minderhout und Glock´s Johnson. Johnny ist ja möglicherweise jetzt nicht so wahnsinnig überzeugt, daß er das allerbeste Dressurpferd sein möchte. Der braucht schon ein bißchen Anweisung dazu. Man sieht auch immer wieder mal, daß der Hengst kurz mal über die Anlehnung und die Herrschaft über den Zügel diskutieren will. Das wird dann aber blitzschnell und unheimlich effizient ausdiskutiert und nichtmal der Takt in der Piaffe leidet unter der Diskussion. Aber von selbst läuft der nicht, der Glock´s Johnson TN. Aber unter Hansi läuft er ohne einen Wackler und ohne irgendwelche Fehler durch den Grand Prix Special. Und der war jetzt endlich mal dran mit der Einzelmedaille!
Tja…. Wer kann, der kann!
Des einen Freud – des anderen Leid.
Die totale Überraschung waren natürlich Beatrice Ferrer-Salat und Delgado.
Von allem, was wir gesehen haben, war das eigentlich das schönste Reiten. Ich dachte mal – zu Athen Zeiten – Beauvalais wäre so toll und hätte Beatrice nur mitgenommen zu der Einzelmedaille. Aber ich nehme alle Gedanken zurück und behaupte das Gegenteil. Sie reitet so toll, daß sie ein außergewöhnliches Pferd noch viel schöner erscheinen läßt.
Tja… wer kann, der kann.
Jeden Tag wurde Delgado noch besser und noch schöner. In der Kür war es wahrlich wie von Zauberhand. Danke!
Christina und Desperados waren in Special und Kür atemberaubend gut.
Der Grand Prix war ein bißchen viel Druck und es haben doch schon viele Pferde ein bißchen gezögert in dem Stadion. Das wurde bei fast allen von Prüfung zu Prüfung besser. Im Grand Prix war er noch so bißchen reserviert. Aber im Spezial und in der Kür war er toll! Und fehlerfrei! Und es hätte ihr der Europameistertitel genauso gehört. Es wär absolut ok gewesen, wenn sie die Kür gewonnen hätte. Wir hätten uns alle genauso gefreut.
Ich hab ihr dreimal beim Training zugesehen in dieser Woche. Es ist einfach schön. Die sitzen alle gut – wenn einer nicht sitzen und mitschwingen kann, dann ist er nicht dort. Meistens halt. Aber Christina Sprehe sitzt nochmal eine Klasse besser als alle anderen. Diese Wirbelsäule muß einfach mehr Gummi zwischen den Gelenken haben als andere Körper. Dabei ist sie immer in optimaler Körperspannung und schwingt so unglaublich mühelos in diesen Piaffen und Passagen mit.. es ist fast schad, daß sie einen Frack anzieht. Ja und Desperados – der ist sowieso das perfekte Pferd. An dem ist nix zu verbessern. Vielleicht könnten der Versammelte Trab und der Galopp noch ein bißchen ausdrucksstärker sein? Aber das ist fast schon anmassend… aber der einzig wirkliche direkte Konkurrent – der ist, was Grundgangarten betrifft, einfach von einem anderen Stern.
Valegro und Charlotte…. Einfach unerreichbar. Selbst wenn sie die Einerwechsel hartnäckig versemmelt bleibt noch genug Abstand um Europameister zu werden. Es kommt einfach keiner ran. Es wäre – wie gesagt – in Ordnung gewesen, wenn sie zweite geworden wäre. Sie hat das wohl selber auch so gesehen. Sie schien sehr geknickt bei der Siegerehrung der Kür… anfangs. Und wir hatten auch alle den Eindruck, die Zuschauer würden sie jetzt am Ende ausbuhen. Weil sie und nicht Christina gewonnen hätte….
Würden wir Felix Neureiter ausbuhen, wenn er vor Marcel Hirscher gewinnt und uns das nicht paßt? Würden wir die Zeitmessung verpfeifen, weil sie falsch mißt? Es ist Sport – und am Ende vom Tag kommt bei 7 Richtern ein durchschnittlicher Wert raus – und der hat schon gepaßt.
Die Trabtour mit Pi und Pa war einfach herausragend. Einerwechsel werden einfach überbewertet!
Wer kann – der kann!
Charlotte ist den ganzen Tag im Gelände unterwegs, schreibt Autogramme, läßt sich fotografieren, hat immer ein Lächeln für Fans und absolviert alle Pressetermine und Verpflichtungen fast nebenbei. Man kann sie auch einfach anreden, sie hat nichts Göttliches…auch nichts von einem Superstar. Sie ist einfach mehr präsent als alle anderen. Ich glaub nichtmal dass das Absicht ist?
Valegro war am Vormittag vor der Kür am Wiesenreitplatz der Buschis, trabte über Stangen, galoppierte im leichten Sitz und ließ sich von Fans die Nase kraulen, wenngleich ihm das Einwerfen der Aachener Wiese wesentlich wichtiger schien. Die Beiden sind schon vom Besten, was unserem Sport passieren kann!
Die Siegerehrung war dann doch ein Fest und niemand hat es ihr mißgönnt. Ich glaub, sie hatte große Angst, in dem ausverkauften Aachener Stadion vom Publikum – das wie gesagt nicht immer weiß, was man denn mit Alpenspänen tun könnte – verpfiffen zu werden. Aber das Publikum war fair und es war ein Fest. Und es wären nicht Charlotte und Valegro, wenn sie nicht trotz Warnung, daß der Wiesenboden rutschig wäre und man darauf nicht reiten darf, auf der Ehrenrunde schnurstracks aus dem Dressurviereck rausgaloppierten. Und auf die große Ehrenrunde im Aachener Reiterstadion gehen, wo sie bis zum Angreifen an die Tribüne rankommen. Und Valegro scheint es zu genießen und verliert kein einziges Mal den Takt – auch nicht, wenn er am Ende im Starken Trab 100 m auf den Ausgang zusteuert, während Charlotte ihre Goldemedaille in den Wind hält.
Wie das bei den Beiden schon in London, in Herning und in der Normandie war.
UND DAS…. Können wirklich nur Charlotte Dujardin und Valegro.
Und ich glaube, daß sie nicht zuletzt deswegen die allerbesten Europameister 2015 sind!
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